Freitag, 4. September 2020

Stadtverwaltung Leipzig - Das Märchen von der "modernen Verwaltung"

 Ab und zu hat man es mit der öffentlichen Verwaltung Leipzigs, einer Stadtverwaltung, die sich selbst als „moderne Verwaltung“ anpreist, zutun. Wie weit es mit der „modernen Verwaltung“ in bestellt ist, kann derjenige prüfen, der zur Zeit versucht ein Auto an- oder abzumelden, oder gar vorhat, beides gleichzeitig zutun.

Während ich die Vergabe eines Termins bei der Behörde vor Jahren unproblematisch nutzen konnte, schaue ich zur Zeit bei der Online-Terminvergabe der Kfz-Zulassungsstelle schon seit längerem erstaunt und verärgert auf die WEB Seite der Behörde um jedes mal festzustellen, dass Termine in den nächsten Wochen schon alle vergeben sind. Versuche einen Termin auf der WEB Seite der Stadt Leipzig irgendwann zwischen Mitternacht und Morgengrauen vereinbaren zu können sind ebenso fruchtlos, wie der Versuch tagsüber auf der WEB Seite einen zeitnahen Termin zu bekommen, von telefonischer Kontaktaufnahme rede ich schon gar nicht mehr. Nach endlosem Wrten wird einfach der Hörer abgenommen und wieder auf- oder daneben gelegt.




Ich habe zur Zeit also keine Chance, mein Auto, das zur Zeit in Berlin steht, in absehbarer Zeit zuzulassen. Ich könnte ggfs. die Dienste privater Zulassungsfirmen in Anspruch, was mit weiteren Kosten verbunden ist. Alles erinnert mich fatal an längst vergangen geglaubte DDR-Zeiten, in denen man Vitamin „B“ brauchte um bestimmte Waren oder Dienstleistungen als „Bückware“ zu bekommen. Es nährt sich bei mir der Verdacht, dass man ohne ein solches Vitamin B im Moment bei der Stadt Leipzig im Bereich der Kfz-Zulassung auch keine Chance hat.

Es erinnert mich auch an Zeiten, in denen ich, beruflich bedingt, in Zentralrussland wohnte und ich alle 6 Monate spätestens auf dem dortigen Zoll erscheinen musste um mein Auto zolltechnisch für weitere 6 Monate abzufertigen. Dort hatten findige ehemalige Zollangehörige eine sog. „Brokerfirma“ gegründet. Erst die natürlich kostenpflichtige Inanspruchnahme dieser „Vermittler“ machten es überhaupt möglich sein Anliegen beim Zoll irendwann vortragen zu können. Mit anderen Worten, Kein Broker – kein Zoll – keine Zollabfertigung. Näheres dazu hier.


Ich verstehe, dass die Zulassungsstelle zur Zeit modernisiert wird. Ich verstehe aber nicht, dass die Zulassungsstelle zur Zeit faktisch für mich nicht existent ist und ich, außer der Inanspruchnahmen einer privaten Firma, keine Chance habe, einen Termin in realistischer Zeit zu vereinbaren.

Ich kann mein neues Auto nicht nutzen und mein altes Auto, das abgemeldet werden soll, kann so nicht abgemeldet werden. Mir bleibt nichts anderes übrig, als weiterhin mit abgelaufenem TÜV zur Freude des Ordnungsamtes durch Leipzig zu fahren.

Wenn das Wort von der „modernen Verwaltung“ mehr als nur eine schöne Sonntagsrede sein soll, dann sähe die „moderene Verwaltung“ für mich wie folgt aus:

  • Die Arbeitszeit der Behörde beginnt um 8:00 Uhr und endet um 20.00 Uhr. Dienstag oder Donnerstag gäbe es eine Spätsprechstunde, die bis 21:00 Uhr geht. Mitarbeiter arbeiten im Schichtdienst. Dass eine solche Umsetzung angesichts hoher gewerkschaftlicher Organisation der Angestellten und Beamten nicht einfach ist, ist mir auch klar

  • Kfz-An- und Abmeldungen könnten in einfach gelagerten Fällen auch in den Bürgerämtern in den Stadtteilen durchgeführt werden.

  • Telefonische Dienste werden soweit machbar in externe Callcenter – derer es in Leipzig genug gibt – ausgelagert.

  • Auf der WEB Seite der Stadt Leipzig wird ein „Rufen Sie mich an“-Button installiert. Dort gibt man die gewünschte Abteilung, seine Telefondaten und eine Wunschzeit für den Rückruf an und die Anrufe werden beim Callcenterdienstleister intern verteilt. Der Bürger wartet also nicht in einer Dudelschleifenwarteschlange sondern wird von der Behörde angerufen. Wartezeiten entfallen so. Wie so etwas geht, kann man auf der Hilfe-Seite der Onlineplattform eBay z.B. sehen.



Der Slogan der „modernen Verwaltung“ bedeutet ein grundlegendes Umdenken in der Verwaltung. Schichtdienst, in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung heute noch ein Fremdwort und in vielen Teil der Privatwirtschaft weit verbreitet, muss im Sinne der serviceorientierten Dienstleistung für Bürger organisiert werden.

Bürgernaher Service für die Bürger, die beruflich bedingt oftmals die normalen Öffnungszeiten nur dann wahrnehmen können, wenn sie sich auf der Arbeit freinehmen, bedeutet, dass die Verwaltung längere Öffnungszeiten anbieten muss. „Spätsprechstunden“ bis 18:00 Uhr sind ein erster aber zu zaghafter Schritt in die richtige Richtung.

Bevor die Leipziger Stadtverwaltung eine „moderne Verwaltung“ sein wird, wird noch viel Wasser die Pleiße hinunter fließen. Vielleicht schaffe ich es ja, mein Auto noch im Jahr 2020 anzumelden? Wer weiß? Die Hoffung stirbt bekanntlich zuletzt.