Ok, das Wetter ergibt immer ein Geprächsthema, mal zu heiß, dann wieder zu kalt, zu trocken oder zu nass. Und aktuell bieten die Hochwasserstände in vielen Gebieten genügend Gesprächsstoff. Vergessen wird bei der Debatte allzu oft, dass bei der Anbetung des Götzen "Schuldenbremse" schon vor längerer Zeit Einsparungen im Bevölkerungsschutz, Konkret u.a. beim Technischen Hilfswerk stattfinden sollten (1)
Das rächt sich jetzt. Aber ok, lassen wir das Hochwasser Hochwasser sein und wenden wir uns einem anderen Thema zu.
Mein heutiges Thema soll der "Bauernaufstand"sein, der in einer Aktionswoche vom 8. bis zum 15. Januar 2024 kulminieren soll.
Grund der Bauernproteste sind der bisher von der Bundesregierung geplante Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung für forst- und landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie die Streichung der staatlichen Subventionen für den Dieseltreibstoff, der für diese Fahrzeuge benötigt wird.
Bauernproteste und -aufstände sind nichts Neues für die Deutschen.
Schon in den Jahren 1493 bis 1517 wurden die Bauern in Südwestdeutschland Bundschuh-Bewegung genannt. Die Bewegung war der Vorläufer des „Deutschen Bauernkrieges“.
Die Erhebungen der Jahre 1524 bis 1526, allgemein bekannt als „Deutscher Bauernkrieg“, war weder allein auf die Bauern beschränkt, nachgewiesen wurde auch die Beteiligung von Städtern und Bergleuten, noch war sie auf den deutschen Raum allein beschränkt . Im Rahmen der Aufstände kam es zu zahlreichen bewaffneten Zusammenstößen zwischen Bauernhaufen und Söldnerheeren der Fürsten bei denen letztlich die Bauern unterlagen.
Bekannte Persönlichkeiten der Zeit waren u.a. Florian Geyer und Götz von Berlichingen, der nicht nur durch sein berühmtes Zitat bekannt ist, sondern der zugleich auch auf Druck seiner Bauern zeitweise Hauptmann des sog. Neckartal-Odenwälder Haufens wurde.
In den 1920ger Jahren der Weimarer Republik kam es zu zahlreichen Bauernprotesten, die letztlich in den Ereignissen der Jahre 1928 und 1929 gipfelten und die in Hans Falladas "Bauern, Bonzen und Bomben" literarisch verewigt wurden.
Ausgangspunkt der Bauernproteste waren die wirtschaftliche Verelendung zahlreicher bäuerlicher Betriebe in den 1920ger Jahren.
Ab 1925 konnte das Deutsche Reich wieder internationale Handelsverträge abschließen. Das öffnete den deutschen Markt vor allem für landwirtschaftliche Importe – zum Nachteil der heimischen Bauern. Steigende Steuern und Abgaben sorgten für zusätzliche Belastungen.
Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe gerieten in Existenznot und führten zu einer stetig ansteigende Zahl von Zwangsversteigerungen im gesamten Reich. Die hereinbrechende Agrarkrise und die Weltwirtschaftskrise ab 1929 führten zu einem allgemeinen Preisverfall landwirtschaftlicher Produkte durch eine nachlassende Inlandsnachfrage. Viele Betriebe brachen unter der Schuldenlast zusammen.
Zu ersten Protestkundgebungen am 28. Januar 1928 trafen sich insgesamt 140.000 Personen an der schleswig-holsteinischen Westküste.
Maßnahmen des passiven Ungehorsams der Landbevölkerung waren ein Steuerboykott und Widerstand bei Pfändungen und Zwangsversteigerungen. Die Amtsvorsteher, Landjäger und Gemeindediener, die an diesen Aktionen beteiligt waren und auch in den Dörfern lebten, wurden sozialem Druck bis hin zu Schlägereien ausgeliefert. Oft sammelte sich bei derartigen Anlässen eine größere Gruppe Bauern und versuchte das Geschehen zu behindern.
Nun lenkt die Bundesregierung im aktuellen Konflikt teilweise ein. So ist die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche und Forstfahrzeuge, erkennbar an den Nummernschildern mit grünen Aufschriften im Moment offenbar vorerst vom Tisch.
Auf die Abschaffung der Begünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft werde verzichtet, um den "zum Teil erheblichen bürokratischen Aufwand" für die betroffenen Unternehmen zu vermeiden, hieß es. Tatsächlich dürfte der einzusparende Betrag für Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft der geringere Teil des Kuchens sein.
Einen erheblich höheren Einsparungsbetrag verspricht man sich offensichtlich beim Wegfall der Steuerbegünstigung für Agrardiesel.
Bei der Steuerbegünstigung für Agrardiesel soll, wohl unter dem Eindruck kommender Proteste, eine schrittweise Reduzierung der Agrardieselsubventionen erfolgen, um, wie man verlautbaren ließ, den betroffenen Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben.
2024 erfolgt laut Bundesregierung eine Reduzierung des Entlastungssatzes um 40 Prozent. In den Jahren 2025 und 2026 werde jeweils eine weitere Reduzierung um 30 Prozent erfolgen, sodass für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen keine Subvention mehr erfolge.
Die Rückvergütung der 2023 verbrauchten Mengen im Jahr 2024 bleibe unverändert, hieß es weiter .
Bundeswirtschaftsminister Habeck hat die umstrittene Streichung der Agrardiesel-Subventionen verteidigt. Man müsse in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts mit weniger Geld auskommen und Ausgaben beschränken . In der Folge verhinderten wütende Landwirte, dass Bundeswirtschaftsminister Habeck in Schleswig-Holstein an Land gehen konnte .
Der Deutsche Bauernverband sieht die Nachbesserungen beim Agrardiesel als unzureichend an und fordert dass beide Kürzungsvorschläge vom Tisch müssten .
Der Konflikt um diese Kosten wird letztlich , man ahnt es, in den Geldbörsen der Verbraucher ausgetragen werden.
Es sind die gleichen Verbraucher, die seit Jahresanfang bereits durch den Wegfall der Strombremse und den Wegfall der Gaspreisbremse und damit höheren Energiepreisen, die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer von 7% auf 19% bei Gas und die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie von 7% auf 19% , belastet werden.
Zwar steigt der Mindestlohn zum 1. Januar 2024 um sagenhafte 41 Cent .
Voraussichtlich 3,5 Prozent mehr Rente wird es in diesem Jahr, wenn alles gut geht, steigen. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass die rund 21 Millionen Rentner in Deutschland im Jahr 2024 voraussichtlich 3,5 Prozent mehr Geld bekommen. Das geht aus dem Entwurf des Rentenversicherungsberichts 2023 der Bundesregierung hervor. Eine endgültige Entscheidung über die Rentenanpassung wird es erst im Frühjahr 2024 geben .
Auch der gesetzlich festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen wurde zum 1. Januar 2024 angehoben: auf 1,7 Prozent. 2023 waren es 1,6 Prozent und 2022 waren es 1,3 Prozent.
Meine Krankenkasse erhöht den Zusatzbeitrag auf 1,8 Prozent .
Ich nehme noch Wetten darauf entgegen, dass das Wort "Realeinkommernsverlust" das Wort des Jahres 2024 wird.
P.S. Zwei zusätzliche Dinge stören mich weiterhin in der ganzen Debatte.
1.) Bereits jetzt kursieren schon wieder Gerüchte, dass rechtsradikale Zeitgenossen die Aktionen der Bauern kapern könnten und die Bauern daher gut beraten seien, wenn sie sich genau überlegen, ob sie sich zu "nützlichen Idioten" von Radikalen machen wollen. Wäre es nicht besser sich gar nicht erst an den Protesten zu beteiliegen. Hier wird mit dem guten alten Grundsatz "Teile und herrsche" - divide et impera - versucht den Spaltpilz in einer Bewegung unterzubringen.
2.) Gleichfalls stört mich in der Debatte, und nicht nur in diesem Zusammenhang, wenn darauf hingewiesen wird, dass viele der in leitenden Positionen in der Politik Tätigen keinen formalen Bildungsabschluss haben.
Zur Zeit lese ich das wirklich lesenswerte Buch "Kriegspropaganda und Medienmanipulation - Was Sie wissen sollten, um sich nicht täuschen zu lassen" von Christian Hardinghaus. Eine der gängigen Methoden von Propaganda ist der Angriff auf die Integrität einer Person frei nach dem Motto "Wenn man die Argumente schon nicht widerlegen kann, dann ziehen wir eben die Seriosität und Integrität der Person in Zweifel".
Nur ganz am Rande sei daher daran erinnert, dass nicht jederman ohne formalen Bildungsabschluss zugleich unfähig sein muss. Gern erinnere ich in diesem Zusammenhang daran, dass z.B Nicola Tesla ein begnadeter Erfinder und Elektroingenieur war. Sein Lebenswerk ist geprägt durch zahlreiche Neuerungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik, insbesondere der elektrischen Energietechnik, wie die Entwicklung des heute als Zweiphasenwechselstrom bezeichneten Systems zur elektrischen Energieübertragung. Tesla erhielt in 26 Ländern über 280 Patente, davon 112 in den USA.
Einen formalen Bildungsabschluss hatte er nicht.