Der Landesparteitag der sächsischen Piraten in Olbernhau (#LPTHAUE) ist noch nicht lange her. Ich hatte mich damals auf den Parteitag gefreut, andererseits aber auch geärgert. Geärgert hatte ich mich u.a. über das was ich die inquisitio haereticae pravitatis (Inquisition gegen ketzerische Verderbtheit) oder auch die "Hauptverwaltung 'Ewige Wahrheiten'" nenne.
Ich hatte damals einen Artikel in meinen Blog gestellt in dem ich u.a. auf die Inquisition und die innerparteiliche Nazi-Debatte einging. Ich hatte damals gehofft dass wir damit aufhören uns innerparteilich mit dem Nazi-Totschlagsargument zu begegnen und uns u.a. vermehrt um inhaltliche Politik kümmern. Der Bundesparteitag in Bochum gab Anlaß zu der Hoffnung dass wir uns nun innerhalb der Partei um inhaltliche Politik kümmern und nicht mehr vorrangig das Geschäft es politischen Mitwettbewerbs erledigen, uns nämlich gegenseitig an die Gurgel zu gehen.
Meine Überlegungen gipfelten in einigen zusammengefaßten Leitlinien, die zu beachten sich lohnen würde. Hier sind sie nochmals.
- Wir nehmen einander ernst und hören einander zu auch wenn wir inhaltlich nicht die gleichen Positionen haben.
- Wir reden miteinander und nicht übereinander.
- Wir billigen jedem in der Partei zunächst bis zum Beweis des Gegenteils lautere Motive zu.
- Wir befassen uns jetzt und vorrangig mit inhaltlich politischen Fragen. ...
Meine Freude war offensichtlich verfrüht. Denn sie marschiert bedauerlicherweise immer noch ... die Inquisition. Sie konnte über “Nazis” in der Piraten Partei herfallen, ungeachtet ob es sich dabei tatsächlich um Rechtsradikale handelte, um Mitglieder die gedankenlos den Erfolg der Piraten mit dem Aufstieg der NSDAP verglichen oder nun auch um Piraten die vorgeblich unbewußt das Handwerk der NPD erledigen.
Anlaß zu dieser Feststellung ist die Stellungnahme der schleswig-holsteinischen Landtagsfraktion der Piratenpartei im Wahlprüfungsverfahren der NPD vor dem Landesverfassungsgericht sowie weitere Äußerungen des Vorsitzenden der Landtagsfraktion.
Diese Stellungnahme bietet Anlaß zu mannigfaltigen Reaktionen. Da ist von angeblicher Zusammenarbeit der Piraten mit der NPD die Rede. Eine andere Stellungnahme eines selbsternannten “Lordsiegelwahrer des rechten Glaubens der Piratenpartei” und Mitglied des Bundesvorstandes der Piratenpartei schwingt sich zur Behauptung auf, der Fraktionsvorsitzende der schleswig-holsteinischen Landtagsfraktion lasse es an "Haltung" vermissen. Politik ohne Haltung aber sei apolitische Technokratie, die nicht in Parlamente gehöre. Das ist starker Tobak. Der Verfasser solcher Zeilen sollte sich zunächst einmal die Frage gefallen lassen, ob sein Verhalten den notwendigen Respekt vor einem Mitpiraten nicht vermissen läßt. Man hätte die Auseinandersetzung sicher auch anders führen können. Das Telefon ist bekanntlich seit einiger Zeit erfolgreich im Einsatz.
Was ist die Lösung? Aus meiner Sicht ein persönlicher Dialog. Ein Dialog ist möglich und wäre m.E. mehr als nötig, ein Dialog den man am besten nicht in digitaler Manier führt, sondern den man als Face-to-Face-Veranstaltung mit dem notwendigen gegenseitigen Respekt durchführe sollte. Das Ergebnis eines solchen Dialogs könnte es sein dass eine Seite lernt ihre Worte in der Öffentlichkeit so zu wählen, dass es nicht zu Zweideutigkeiten kommt. Die andere Seite könnte als Lernerfolg verbuchen dass innerhalb der Partei zunächst einmal davon auszugehen sein wird, dass niemand der Partei schaden will und schon gar nicht das Geschäft Rechtsradikaler betreibt oder deren Geschäfte fördert.
Ich wiederhole mich ungern,aber es scheint angebracht sich noch einmal ins Gedächtnis zu rufen warum viele von uns bei den Piraten gelandet sind.
Ich z.B. bin den Piraten 2009 beigetreten um eine “andere Art” der Politik zu unterstützen. Eine solche alternative Politik beinhaltet für mich neben anderen Diskussionsstrukturen auch die permanente innerparteiliche Diskussion sowie die Diskussion mit dem politischen Mitbewerber. Rechtsradikale fallen dabei nicht unter den Begriff des Mitwettbewerbs und es kann auf sich beruhen ob sie u.a. auch Positionen vertreten, die auch demokratische Parteien innehaben.
Was ist zutun? Zuhören ist angesagt, zuhören und einander ernst nehmen. Dazu gehört auch dem- oder derjenigen zuzubilligen dass er oder sie ebenso wie man selbst die bestmögliche Politik machen zu wollen. Vielleicht fordere ich da zu viel?
Zu den “Kreuzzügen um den wahren Glauben” in jeglicher Hinsicht möchte ich zusammenfassend sagen was ich davon halte. Wer es wissen will, der lausche auf den Refrain von diesem Lied. Besser hätte ich es nicht sagen können.
Und zum Schluß noch ein Gedanke. Wir stehen vor Wahlkämpfen. Das zwingt uns zwar nicht die innerparteiliche Debatte zu beenden, das will wohl niemand von uns. Aber wir sollten uns immer wieder klarmachen welche Aussenwirkung unser gegenseitiges Auf-einander-Eindreschen hat. Wir wollen in die Parlamente, nicht um seiner selbst willen, sondern um eine andere Politik zu machen. Die gegenwärtige Art der Auseinandersetzung jedoch ist geeignet, dem politischen Gegner vermeintliche "Argumente" für die kommenden Wahlkämpfe zu liefern. Eines sollten wir daher auf alle Fälle vermeiden, nämlich:
Getrennt zu marschieren und vereint eins auf die Fresse zu bekommen.
P.S. Dieser Artikel erschien ein wenig früher, aber da war mein Artikel schon fast fertig. Der Artikel trifft meine Ansichten sehr gut. Die Inhalte zu wiederholen verbietet sich hier daher. Danke Peter. Ob das Sperren der Kommentarfunktion in eben jenem Blog, der den Vorwurf der "apolitischen Technokratie" enthält, sinnvoll ist, mag ein jeder selbst entscheiden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Danke für Ihren Kommentar. Er wird nach Moderation freigeschaltet.