Donnerstag, 14. März 2013

Von Wasser und Wein und von Karlis Posten ... oder ...Transparenz, war das was?

Piraten haben ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen das zunehmend auch andere Parteien sich auf die Fahnen heften wollen. Das Zauberwort heißt

TRANSPARENZ.

Kaum eine politische Debatte kommt noch ohne das Wort aus. Es "transparenziert" im Moment an jeder Ecke und an jedem Ende. Die SPD fordert mehr Transparenz im Bereich des Lobbyismus, nur um zu vergessen dass sie sich Autos im Wege des Sponsoring besorgt. Die FDP der "Freiheitsfreunde" hat ein gesondertes Verhältnis zur Transparenz und lehnt deshalb Maßnahmen gegen Korruption von Abgeordneten ab. Die Christdemokraten machen das was sie immer tun ... sie warten ab um sich im geeigneten Moment als "Speerspitze der Bewegung" in Szene setzen zu können.

Da verwundert es wenig wenn den salbungsvollen Sonntagspredigten kaum Taten folgen und man in der Praxis auf Transparenz sche... . Abgewählte Ministerinnen aus der Entourage des ENBW-Käufers Mappus werden da nach ihrer vom Wähler ausgesprochenen Kündigung flugs Chef eines bundeseigenen Unternehmens im Bereich der Entwicklungshilfe, Kanzleramtsminister von einst mutieren auf seltsame Weise zum Chef des Deutschen Roten Kreuzes und niemand ist verwundert wie der mit wenig Fortune ausgestattete Bahnchef und später mindestens ebenso erfolgreiche Chef einer Airline nun berufen wird um ein Baudesaster auf die Reihe zu bekommen.

Meine Oma, Gott habe sie selig, hätte ihren Kommentar zum Ganzen in die politisch wenig korrekten aber markanten Worte gefaßt "De Swine sinn desülven, nur de Tröge hett wechselt." Übersetzung für die des Plattdütschen Unkundigen "Die  Schweine sind dieselben, nur die Tröge haben gewechselt."

Ganz anders da die Piratenpartei. Eine Forderung nach Transparenz innerhalb und außerhalb der Partei jagt die andere, oder etwa nicht? Demnach muß man sich um das Thema Transparenz bei den Piraten keine Sorgen machen, wenn, ja wenn mir da nicht neulich ein Antrag im Landesvorstand Sachsen unter die Augen gekommen wäre, der mir, was Transparenz angeht, mehr als befremdlich vorkommt.

Unter der Antragsnummer 2013-03-13/02 kann man folgendes zu einer beantragten Zufügung eines Absatz 3 in §4 der Geschäftsordnung des Landesvorstandes lesen:


"3. Bei Umlaufbeschlüssen die die Beauftragung von Piraten beinhalten muss – um dem Datenschutz gerecht zu werden – der Name des zu beauftragenden Piraten nicht im Wiki genannt werden. Der Name wird nur, wenn die Beauftragung ausgesprochen wurde, im Wiki veröffentlicht. Die Namen abgelehnter Bewerber bleiben geschützt.
Die nachfolgenden Absätze werden folgerichtig neu nummeriert.

Begründung: Datenschutz. Wissenschon. Diskussion hatten wir ja schon mehrfach und einige von uns scheinen aufgrund §4 (2) 2 die grundlegensten Grundlagen des Datenschutz zu vergessen weil sie das für intransparent halten (stellt euch hier meinen bekannten Vortrag über den Unterschied zwischen Transparenz und Öffentlichkeit vor)."

Und unwillkürlich frage ich mich "Häääää?? Bitte? Da gibt es mehrere Kandidaten für eine Beauftragung und das Auswahlverfahren wird im Hinterzimmer durchgezogen? Und nur der erfolgreiche Kandidat wird der erstaunten Menge am Ende per Wiki präsentiert? Oder wie darf man das verstehen?"

Nach meiner unmaßgeblichen Meinung handelt es sich doch um folgendes. Da gibt es mehrere Kandidaten für die Erledigung einer Aufgabe und nur einer wird beauftragt werden. Was ist das anderes als ein Wettbewerb? Schreit das nicht gerade zu danach im Wege eines nachvollziehbaren Verfahrens geregelt zu werden? Ist das nicht ein klassischer Anwendungsfall für die sakrosankte Transparenz?

Und die Begründung, die in weiten Teilen aus Textfragmenten zu bestehen scheint, sie nennt als einzig erkennbares Argument den Datenschutz. Und ehrlich, selbst beim intensiven Nachdenken vermag man sich darunter in diesem Zusammenhang keine irgendwie geartete logische Argumentationskette vorzustellen.

Dabei wäre das Verfahren doch allzu einfach zu lösen, etwa in folgender Manier:
  • Man schreibt den Posten in geeigneter Weise also mindestens im Wiki mit Hinweis auf der WEB Site aus.
  • Dabei nennt man mindestens eine kurze Aufgabenbeschreibung und setzt eine Bewerbungsfrist mit Angabe wohin die Bewerbung uzu senden sein wird. Zudem erstellt man einen Katalog der Anforderungen für die Stelle die man vom Bewerber erwartet. Wer es ganz feingliedrig machen will unterteilt die Anforderungen in
  • "Muss" - also auf alle Fälle nötig, 
  • "Soll" - wäre außerdem noch gut und 
  • "Kann - m.a.W. "nice to have" aber nicht kriegsentscheidend.
  • Dann füllt man die Anforderungen in ein Anforderungsraster und gewichtet sie. Das Anforderungsraster ist verbindlich und für alle Kandidaten gleich. Für jeden Kandidaten legt man ein Raster (Neudeutsch : Evaluation grid) an. Jedes Mitglied des LV benotet jeden Kandidaten mittels des Rasters. Die gesammelten Raster werden für jeden Kandidaten konsolidiert und Schwups "Habemus Candidatam" - oder so.
  • Die konsolidierten Ergebnisse werden wiederum auf der WEB Site und im Wiki dokumentiert, weißer Rauch ist nicht nötig, stört aber auch nicht, m.a.W. Transparenz at its best.


Ist das so schwierig? Gut, es ist Arbeit, aber hat ein Vorstand ja sowieso. Die Entscheidungen werden auf diese Weise jedenfalls nachvollziehbar und der Vorwurf eventueller Hinterzimmerbeförderungen ist schon im Keim erstickt. Ein "datengeschützter Antrag auf Erweiterung der GO" hingegen ist nach meiner Sicht nichts anderes als die beiläufige Mitteilung "Karli Du machst das, weil Du das (es folgen einige Alternativen)

  1. Schon immer gemacht hast
  2. Du einen Parteiposten haben solltest
  3. Noch nie gemacht hast aber das wird sicher schon
  4. Ich Dich für nen feinen Kumpel halte
  5. ...


Transparenz predigen und dann solche Anträge? An was erinnert mich das? An Transparenz sicher ganz zum Schluss. Ah, jetzt fällt es mir ein. Es erinnert mich an Heinrich Heines "Deutschland - ein Wintermärchen". Denn da heißt es im sog "Caputh 1 u.a.

"Ich kenne die Weise ich kenne den Text.
Ich kenn auch die Herren Verfasser
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser."

Und das wollen wir uns doch sicher nicht nachsagen lassen, oder? Also weg mit dem beantragten Absatz und Erarbeitung und Veröffentlichung eines Verfahrens für solche Fälle. Vorschläge habe ich gemacht.

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