Sonntag, 15. Dezember 2013

Never ever ... oder "Mit der AfD nur über meine modernde Leiche"

Ich bin seit einiger Zeit bei den Piraten, genau genommen seit 2009. Und in all dieser Zeit habe ich so einige Eskapaden erlebt. Was hat man den Piraten nicht alles vorgeworfen? Da war der Vorwurf die "Partei des Raubkopierens" zu sein noch geradezu harmlos. Auch Nazis vermochte so mancher "Vertreter der reinen Lehre" bei uns auszumachen und die bürgerliche Journaille stürzte sich begierig darauf.

Nein, ich bin kein Verfechter der "reinen Lehre" und auch kein Anhänger der Inquisitio haereticae pravitatis.

Was ist also der Anlass zu diesem Post? Es ist das mehr als zweifelhafte Angebot von jemandem aus der AfD (oder vielleicht auch nicht) über eine gemeinsame Liste mit den Piraten anlässlich der Landtagswahl in Sachsen nachzudenken. Die Idee ist nicht neu und wird durch erneutes Vortragen auch nicht besser. Ein sog. Zweckbündnis mit der AfD ist eine für mich bisher nicht vorstellbare Idee die ich in das Reich des Absurden verbannt sehen möchte. Bedauerlicherweise haben das unüberlegterweise aber offenbar  nicht alle so gesehen. Bedauerlicherweise handelt es sich dabei auch noch um Leute deren Fachwissen ich hoch schätze und die mir auch sonst sehr sympathisch sind. Und daher ein paar Worte zur Klarstellung aus meiner Sicht.

Erstens und bereits aus formellen Gründen sei daran erinnert dass es einen Unvereinbarkeitsbeschluss der Piraten vom Bundesparteitag aus Neumarkt gibt. Und damit wäre die Debatte eigentlich auch schon beendet wenn es sich bei den Piraten um eine Partei alter Prägung handeln würde. Wir sind aber keine solche Partei. Und darum hier nochmals für die die den Beschluss wohl "übersehen" haben.

Zweitens, die Piraten machen zwar gern Politik und haben auch gern die Möglichkeit Politik zu gestalten. Vier Landtagsfraktionen beweisen dass das zwar nicht mit "donnerdem Publikumsablaus" gekrönt sein muss, dass es aber bereits zu sinnvollen Resultaten wie dem Vorsitz des Berliner Flughafenausschusses geführt hat. Macht um jeglichen Preis erringen zu wollen und dafür im Zweifel mit dem Belzebub ins Bett zu gehen dürfte sich kaum mit den Grundsätzen der Piraten vereinbaren lassen.

Drittens, ja, entgegen mancher geäußerten Hysterie handelt es sich m. E. bei der Afd nicht um bürgerlich verkappte Nazis. Wenngleich auch so mancher "Vorschlag" wie der dass finanziell Bedürftige eben mal eines ihrer Organe dem "freien Markt" zur Verfügung stellen sollten bereits nicht mehr in den Rahmen der grundgesetzlich verbrieften Menschenwürde  passen, ebenso sollte klar sein dass diese Ansicht nicht - jedenfalls noch nicht - zum öffentlich geäußerten Allgemeingut der AfD gehört. Auch die Idee den "unteren Schichten" das Wahlrecht zu entziehen dürfte selbst bei gehöriger Anstrengung nicht mehr als grundgesetzkompatibel einzuordnen sein.

Viertens, die Afd steht m.E. im Verhältnis zum heutigen Rechtsradikalismus wie seinerzeit die Hugenberg-Partei DNVP zur NSDAP. Sie predigt zwar keinen Antisemitismus, ihr Verhältnis zu nach Deutschland aus Krisenregionen einwandernden Menschen muss jedoch als problematisch gesehen werden.

Fünftens, die Piraten gehen davon aus dass jeglicher Mensch ein Grundrecht auf sein individuelles Sein hat (Kein Mensch ist illegal). Diese Aussage läßt sich nicht auch nur ansatzweise mit den von der AfD propagierten Ansichten zum Zuzug von Menschen nach Deutschland in Übereinstimmung bringen.

Aus all diesen Gründen und noch vielen anderen Gründen ist es mehr als absurd auch nur ansatzweise über eine Zusammenarbeit oder gar gemeinsame Liste mit den paläolibertären Predigern des ewig Gestrigen nachzudenken. Wir werden in den Landtag einziehen oder auch nicht. Es liegt zuerst an uns allen selbst, daran wie wir den Wahlkampf zur Landtagswahl betreiben, wie wir argumentieren, wie wir überzeugen können. Dann werden wir in den Landtag einziehen, oder eben auch nicht. Macht zur politischen Gestaltung ist gut, aber kein Selbstzweck. An die "Töpfe der Macht" zu kommen und dabei die ureigensten Ideale mal eben aus Opportunitätserwägungen über Bord gehen zu lassen ist sicher nicht der geeignete Weg dazu.

Über eine Zusammenarbeit mit der - in Sachsen noch in einem Parlament befindlichen - FDP nachzudenken ist eine völlig andere Sache. Wenn und soweit die FDP mit Personen wie Gerhard Baum, Jimmy Schulz oder Sabine Leuthäuser-Schnarrenberger gleichgesetzt wird, dann gibt es wohl kaum Probleme zeitliche Zweckbündnisse einzugehen. Soweit man darunter aber Personen wie den sächsischen FDP-Vorsitzenden Holger Zastrow, einen ausgewiesenen Neoliberalen versteht, solange kann ich nur sagen "nur über meine Leiche".




1 Kommentar:

  1. WOW! Also auch hier die Überlegung wie die Piraten mit ihren Grundsätzen und Programmen umgehen. Genau das sollte sich die Piratenpartei in Zukunft genau überlegen, wenn sie denn mal ernst genommen werden will und das könnte sie, würde es nicht immer wieder Menschen innerhalb der Parteistrukturen geben, die all das mit Füssen treten :(

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