Freitag, 26. April 2013

Klar zum Ändern oder zum Kentern? - Vielleicht ist weniger mehr

Ich gebe zu, ich bin ab und zu ein wenig zu ungeduldig. Aber was sich im Moment mal wieder abspielt das geht mir ziemlich auf den Zünder. Ich bin vor "Urzeiten" in die Piraten eingetreten. Warum? Weil ich etwas verändern wollte und noch immer will in "diesem unserem coolsten Land der Erde", das dank der in den letzten zwanzig Jahren gemachten Politik weder "cool" noch gar "unser" Land ist.

Die etablierten Parteien inklusive der ehemals aufmüpfigen Grünen haben es geschafft aus einem Land mit dem ehemaligen Versprechen vom "Wohlstand für alle" ein Land der lähmenden Alternativlosigkeit zu machen Die mediale Gleichschaltung der Mainstreammedien erinnert mich mit der Berieselung an "Erfolgsmeldungen vom Arbeitsmarkt" zunehmend an DDR Zeiten. Ich lebe mittlerweile in einem Land in dem unter Hinweis auf Terrorgefahr fast jede Maßnahme des Abbaus bürgerlicher Rechte durchpeitschen läßt. Die letzte Bastion der Verteidiger der Hüter des Grundgesetzes, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, stellt entweder verzweifelt letzte Stopschilder auf oder beschränkt sich auf Nachhilfe für die Regierung bei der Auslegung der Verfassung. Seit mehr als vier Jahren diskutiert der Bundestag im Wege einer Daily-Soap das Thema "Abgeordnetenbestechung". Ergebnis? Null. Im Vergleich dazu wurden milliardenschwere EFSF-Rettungspakete und ESM-Gesetze innerhalb von ein paar Wochen "alternivlos" durchgewinkt und die Möglichkeit des Verkaufs von Daten der Bürger durch Einwohnermeldeämter benötigte gar nur eine kurze und spärlich besuchte Nachtsitzung als die Deutschen es sich bei einem Fussballspiel vor dem Fernseher gemütlich gemacht hatten.

Die Rosa-Schwarze grosse Koalition hat die SPD noch mehr im neoliberalen Gedankengut versinken lassen und die wenigen aufrechten Linken in der SPD sind nun auch noch weniger geworden. Ottmar Schreiner, der profilierte Gegner der Hartz4-Verelendungsstrategie unter Schröder ist nicht mehr unter uns.

Selbst die Grünen sind  in Zeiten der Tigerentenkoalition mehr und mehr zur alternativen Partei der Besserverdienenden mutiert und wer von ihnen noch ernsthafte Opposition erwartet, der glaubt auch an das sprichwörtliche Kamel das irgendwo durch ein Nadelöhr gehen soll.

An Themen und vermurkster Politik ermangelt es in Deutschland wahrlich nicht. Und was machen wir? Na ja, nicht alle von "wir" sind gemeint. "Wir" beschäftigen uns miteinander. "Wir" füllen die Presse, allerdings nicht in der gewünschten Art und Weise. "Wir" ereifern uns auf Mailinglisten und bekommen nicht einmal die Sammlung von zehn Gebrauchthandies für unser hoffentlich entstehendes Wahlkampfteam gebacken. "Wir" wursteln uns durch eine verwirrende Vielzahl von WEB Sites, Wiki, Mailinglisten die nicht einmal rudimentär untereinander verbunden zu sein scheinen und deren Dickicht manchen Neupiraten einfach überfordern wenn nicht gar abschrecken. "Wir" - mit rühmlichen Ausnahmen - wählen einen neuen Vorstand um dem dann in "Klassensprecher-mach-mal"-Manier die Planung und Durchführung von Politentertainment zu überlassen die "wir" irrtümlich mit Politik verwechseln. Die Reihe liesse sich beliebig fortführen. Ich erspare es mir mal.

Ich bin gespannt auf den 8. Juni und die Aufstellungsversammlung und insbesondere wer aus der "Wir"-Gruppe auftauchen wird. Manchmal wünsche ich mir ein Abstimmungsrecht das an innerparteilicher Aktivität gekoppelt ist. Die Mehrheit wäre dann böse dran. Aber meine Träume sind hier nicht Gegenstand der Erörterung.

Was ich sehe ist die drohende Tatsache, dass wir die Bundestagswahl dank unseres Phlegma gründlichst versemmeln. Und ehrlich gesagt, wir haben es dann auch nicht besser verdient. Vielleicht bietet solch ein Desaster die Chance dass uns eine Menge "Wir"-Ballast verläßt. Mir ist letztlich eine kleine aber feine Partei lieber die den Allerwertesten hoch bekommt als eine Partei die so viele Altlasten mit sich herumschleppt dass sie bewegungsunfähig im Denken und Handeln ist. Und für die die sich nun zum Tun aufgefordert fühlen, für die habe ich eine besondere Überraschung: Es ist genug zu tun für alle da. Aber das besprechen wir auf dem nächsten Arbeitsreffen ... unter den Aktiven.

Vielleicht sehe ich aber auch alles einfach zu schwarz?