Donnerstag, 18. Juli 2013

Wenn alles nicht hilft ... einfach lächerlich machen

NSA, Prism, Tempora, all das kommt für die "Kanzlerin der Herzen" zur Unzeit. Den Wahlkampf hatte man sich im Kanzleramt ganz anders gedacht. Eine sich selbst zerlegende SPD ohne überzeugenden Kanzlerkandidaten, eine "Erfolgsbilanz" die mit geschönten Armutsberichten und vermeintlich hohen Beschäftigtenzahlen aufwarten kann, eine sog. "Eurokrise" die langsam aus dem Blickwinkel des "mündigen Wählers" verschwindet, der Versuch die Forderung nach einem Mindestlohn mit der begriffsverwirrenden Lohnuntergrenze zu konterkarieren, alles das sind eigentlich beste Voraussetzungen für einen "Weiter-So-Wahlkampf" den man dank glänzender Umfragewerte für die Teflon-Kandidatin mit einem grandiosen Wahlsieg abschließen könnte.

Und dann das. Die amerikanischen "Freunde" denen man in deutscher traditioneller Nibelungentreue stets zur Seite steht wenn es darum geht den "Kampf gegen den Terror" zu führen, eben diese Freunde nutzen das Land der Germanen als Datensammelwiese und bescheren der "heiligen Johanna des Kanzleramtes" vielfaches Ungemach zur Unzeit. Zeit für den ungestümen "Retter des Vaterlandes an der Journalistenfront" Jan Fleischhauer sich im Spiegel zu den Vorgängen zu äußern und zu versuchen die Sache, die man beim besten Willen nicht mehr unter den Teppich kehren kann, ins Lächerliche zu ziehen. Dabei zeigt sich, dass man Journalismus auch abseits der Faktenebene, die eh nur hinderlich ist, betreiben kann. Daher hier noch mal in aller Kürze einige Klarstellungen:

Die Institution die den ganzen Datensammelwutzirkus veranstaltet ist die NSA (National Security Agency) und nicht wie Herr Fleischhauer meint, der CIA. Der kommt in dieser Schmierenkomödie diesmal ausnahmsweise nicht vor.

Gern falsch kolportiert Herr Fleischhauer auch wie bereits andere vor ihm, dass Snowden Mitarbeiter des Nachrichtendienstes gewesen sei (ob beim CIA, dem FBI oder  richtigerweise der NSA lassen wir mal offen). Nein, Edward Snowden war Mitarbeiter eines IT Dienstleisters der FÜR die NSA gearbeitet hat. Booz Allen Hamilton heißt der Laden dessen sich die NSA bedient hat. Und das macht zugleich darauf aufmerksam, dass selbst die NSA mit all ihrer Datenfischerei und ihrem Überwachungswahn nicht einmal in der Lage ist sich selbst zu schützen. Wie sie, und die Vertreter des "Kampfes gegen den Terror", uns dann im Zweifel gegen "richtige" Terroristen schützen wollen bleibt das ewige Geheimnis von Washington und lässt Raum für vielerlei Spekulationen darüber was man in den Schlapphutzentralen mit der Sammelwut tatsächlich bezweckt (Ganz nebenbei: Terror ist eine Art der sog. asymmetrischen Kriegsführung und kein Kriegsgegner).

Fleischhauer weist zu recht darauf hin, dass die SPD und die Grünen jetzt lauthals aufschreien, geschenkt. Einigen Parlamentariern nehme ich allerdings ihre Empörung ab. H.C. Ströbele z.B. dem Dissidenten innerhalb der Grünen kann man es abnehmen. Thomas Oppermann und Frank-Walter Steinmeier hingegen wohl eher weniger.

Eines ist Herrn Fleischhauer, dem verhinderten General Wenck des Kanzleramtes, jedenfalls klar. "Mutti-Weiss-ich-nicht-nie-gehört" muss aus der Schusslinie der unappetitlichen Vorfälle im "Neuland", koste es was es wolle. Sie macht ihre Sache doch ganz gut. Welche Sache eigentlich? Egal. Wenn Herr Fleischhauer jemanden selig sprechen möchte, dann doch wohl eher die Noch-Kanzlerin an der VOR der Wahl kein Stäubchen eines Zweifels hängen bleiben soll.

Richtig ist die Ansicht von Herrn Fleischhauer betreffend Moskau. Moskau ist nicht das "Mekka der Demokratie" und das weiß man nicht erst seit dem russische Amtsträger sich mittels zweifelhafter Methoden ihrer Kritiker entledigen. Moskau wird auch nicht dadurch demokratischer dass man dort Snowden zwischenparken lässt. Moskau ist ebenso wenig ein Hort der Demokratie wie das Land das bisher weder das internationale Menschenrechtstribunal in Den Haag für sich als verbindlich akzeptiert noch entgegen seinerzeit lauthals geäußerten Ankündigungen gesonderte "Menschenrechtsfreie Räume" in Guantanamo auflöst. Natürlich vergisst Herr Fleischhauer nicht darauf hinzuweisen welches Glück Edward Snowden allein schon dadurch habe, dass er kein russischer Staatsbürger sei. Und er bringt auch gleich einen Beleg. Bewusst oder vielleicht einfach mangels Sachkenntnis hat er vergessen darauf hinzuweisen, dass das demokratiedefizitäre Russland zwar mit dem zeitweiligen Aufenthalt von Snowden eigene Ziele verfolgen mag, sich aber in einem wesentlichen Punkt vom "land of the free" unterscheidet. Russland hat, in Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, bereits seit langem die Vollstreckung der Todesstrafe, die es als "ausserordentliche Massnahme der Strafe" noch im Gesetzbuch hat, per Moratorium seit langer Zeit ausgesetzt. Insoweit darf E. Snowden sich vielleicht glücklich schätzen dass er kein russischer Bürger ist. Noch glücklicher darf er sich aber schätzen dass die Vereinigten Staaten seiner noch nicht habhaft sind.

In einem stimme ich Herrn Fleischhauer zu. Jede Affäre strebt vom Tragischen ins Absurde um dann ins Lächerliche überzugehen.

Tragisch ist es wenn ausländische Nachrichtendienste, seien es sog. "befreundete" oder weniger befreundete sich ungehindert den Daten deutscher Bürger und Unternehmen widmen können ohne dass einheimische Dienste davon Kenntnis gehabt haben wollen. Dann stellt sich nämlich die Frage nach der Notwendigkeit der deutschen Schlapphut-Band. Tragisch ist es weiterhin wenn die ach so beliebte Kanzlerin sich dazu nicht eindeutig äußert. Na gut, mag man sagen, sie ist Physikerin und hat es daher eher mit der heisenbergschen Unschärfetheorie. Tragisch ist es spätestens wenn sie selbst es vermeidet sich ins Flugzeug zu setzen um ihren Standpunkt den "Freunden" eindeutig klarzumachen. Dann hat sie entweder ein gestörtes Verhältnis zu politischen Prioritäten oder kalkuliert ein, dass sie ihrem Innenminister demnächst einmal das "vollste Vertrauen" aussprechen muss, m.a.W. sie sucht prophylaktisch nach einem Bauernopfer.

Absurd wird es, wenn die Kanzlerin ihren Innenminister plakativ nach Washington entsendet, wohl wissend dass "die Freunde" den so Entsandten eher am langen Arm verhungern lassen würden bevor sie auch nur einen Jota an Wahrheit herausrücken würden. Aber lächerlich wird es schließlich wenn der Abgekanzelte dann aus Washington kommend der staunenden Öffentlichkeit erklärt dass die "Freundeshilfe" zur Verhinderung von Terroranschlägen geführt habe, wahlweise 45, dann fünf,davon aber ganz sicher zwei und nun sind es wieder sieben. Benennen könne man die in der Öffentlichkeit allerdings nicht aus Gründen der nationalen Sicherheit, Sie verstehen? Mal ganz am Rande bemerkt, weil auch immer gern falsch berichtet, die oft zitierte Sauerlandzelle flog durch einen eingeschleusten V-Mann auf, nicht durch Abhören der Telekommunikation und des Datenverkehrs.

Lächerlich ist es zudem wenn man weiterhin in Berlin versucht die Oper "Die Unwissende und das Supergrundrecht" aufzuführen. Lächerlich ist es abschließend auch, wenn ein Journalist versucht den eklatanten Verstoß gegen Grundrechte der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung, ein Grundrecht das vom Bundesverfassungsgericht entgegen der Grundhaltung der damaligen CDU-Regierung postuliert wurde, ins Lächerliche zu ziehen. Das zeigt einmal mehr wie weit man nicht nur im Berliner Regierungsviertel im Kampf um die Deutungshoheit in der Prism-Affaire ins Hintertreffen geraten ist. Aussitzen und Totschweigen scheint das Gebot der Stunde. Von einer Regierung "die nichts zu verbergen hat" könnte man anderes erwarten.

Ja, Herr Fleischhauer hat nochmals recht. Es gibt andere Probleme zu lösen als nur die Abhör- und Datensammelwut amerikanischer "Freunde" und ihrer Hilfswilligen vom Schlapphutregiment in Pullach und anderswo. Als da wären die immer noch nicht ausgestandene Bankenrettung auf Steuerzahlerkosten (Hat Merkel ja auch unheimlich gut im Griff),fehlende Perspektiven für Erwerbslose (ganz einfach per geschöntem Armutsbericht unter den Teppich gekehrt), die Energiewende (auch da nur vollste Erfolge wenn Spielcasinos und Banken sich von der EEG Umlage befreien lassen wollen) usw. usf. An Problemen mangelt es in Berlin nicht. An was es mangelt in Berliner Regierungsviertel, das ist so etwas wie Zivilcourage und eindeutiges Handeln. Wenn die Kanzlerin nicht weiß was das ist, einfach mal nach Venezuela gucken.

All die genannten Probleme und noch viel mehr könnte man angehen, wenn, ja wenn klar wäre dass man darüber wo immer auch kommunizieren kann ohne dass die Gefahr besteht dass ein Datensammelwut-Jünger nicht alles gesetzeswidrig "mithört und speichert". Aber so lange dass nicht klar ist und Deutschland einer der Hauptsammelplätze der "amerikanischen Freunde" und deren Satrapen ist, solange wird erst einmal dieser Augiasstall der Verletzung von verfassungsmäßigen Grundrechte und dem "Aussitzen von Problemen durch die Nichtregierungsorganisation im Kanzleramt" zum Thema gemacht werden.

Die Prism-Affaire ist noch lange nicht beendet, auch und gerade wenn es den selbsternannten Supergrundrechtsschöpfern nicht passen sollte.

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